Zehn Dinge, die die ältere Generation nicht über die Jüngere versteht

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Ich bin 36 Jahre alt und das ist ein gutes Alter zum Leben. Auf der einen Seite habe ich Energie und immer noch Lust, auf der Anderen Seite besitze ich, aufgrund der über lange Jahre gemachten Erfahrungen, arbeitsmarktrelevante Kompetenzen. Zudem ermöglicht mir eine stabile Psyche eine erwachsene Herangehensweise an verschiedene Dinge. Dieses Alter ist auch eine Art Brücke zwischen jenen, die im Alter meiner Eltern sind und die, die in den Ruhestand gehende Generation repräsentieren und denen, die gerade erst auf den Arbeitsmarkt kommen und noch nicht einmal richtig angefangen haben.  Auf dieser Brücke stehend, beschreibe ich, basierend auf Beobachtungen und Schlussfolgerungen was die ältere Generation nicht an der heutigen Welt versteht und woran das liegt. Ziel dieses Artikels ist es, die Älteren dazu zu motivieren sich an die neuen Realitäten anzupassen und den Jüngeren das Lernen der Kommunikation mit den Menschen schmackhaft zu machen, denen sie ihre heutigen Möglichkeiten verdanken und von denen sie Wissen schöpfen können. In der Annahme des Autors des Textes sollen auch die zugrundeliegenden psychologischen Faktoren der Konflikte zwischen den Generationen erklärt werden, was das Verstehen der Unterschiede erleichtert und zu mehr gegenseitigem Respekt führt. Lasst uns beginnen.

  1. Die Aristokratie ist tot, es lebe die Meritokratie

Früher war das der Adel, heute sind das Professoren und hochgestellte Personen in einem beliebigen System: Armeeangehörige, Geistliche, Direktoren, Politiker. Der Titel hat sich verändert, aber nicht das Konzept, gesellschaftliche Anerkennung erwirbt man durch Titel. Er ist Professor, also klug. Er ist ein Direktor, also effektiv. Er ist Geistlicher, also gottesfürchtig.

Zusammen mit dem freien Markt kamen allerdings neue Anforderungen, man fing an andere Fragen zu stellen. Erreichst Du Ergebnisse? Kannst Du Ziele erreichen? Ist deine Tätigkeit marktrelevant?

Besteht für Dich Nachfrage? Das ist Meritokratie, die Menschen durch das Prisma ihrer Verdienste, also der faktischen Fähigkeiten beurteilt. Akademiker werden rigoros ausgesiebt, auch wenn sie zehn Bücher über Motivation geschrieben haben, aber langweilig wie trocken Brot sind. Es werden jene Priester aussortiert die Enthaltsamkeit predigen, während ihre Geliebte im Publikum sitzt. Der General ist außerhalb der Armee nur ein Sadist im Kontrollwahn, der die Menschen bei der Arbeit stresst und seine Kinder zu Hause schikaniert.

Die älteren verstehen nicht, dass ihre Titel nur noch für sie und das fest betonierte System in dem sie funktionieren gelten. Heute zählen die, die Ergebnisse vorzeigen können.   

  1. Glück ist Erfolg

Die heutige Jugend ist materialistisch. Sie konzentriert sich nur auf schnelle Ergebnisse und will das große Geld. Sie lebt oberflächlich, denkt nicht über die längerfristige Zukunft nach und bedient sich Abkürzungen. Dieser ganze Erfolg ist schlecht!

Aber der Erfolg ist in Polen angekommen und der heutige Wertekanon der Menschen legt zu Grunde was für eine Arbeit sie haben, wie viel Geld sie verdienen, ob sie reisen und ob sie ein cooles leben führen. Ein Dichter im gehäkelten Pullover, der Gedichte für die Schublade schreibt ist kein Synonym für Kunst, sondern ein Lebensverlierer. Langweilige publizistische Programme verlieren gegen exzellente Netflix Serien. Ein verharren über Jahrzehnte in einer patriarchalischen Beziehung ohne Emotionen, nur deswegen, weil die Ehe heilig ist, hat keine Chance gegen Beziehungen die auf authentischer Freude und gutem Sex aufbauen.

Die älteren verstehen nicht, dass Erfolg etwas ist, was die Menschen heute wollen. Dass das Tempo nicht verschwinden wird, weil es zur Norm geworden ist. Dass es überhaupt nicht zu schnell ist.

  1. Spiritualität anstatt Religion

Zusammen mit der Entwicklung von Meditationstechniken und Aufmerksamkeit wird die Figur des Priesters, oder des Gurus unnötig. Der Mittler zwischen dem Gläubigen und Gott stört, indem er seine Interpretation aufzwingt, während religiöse Gesetzte gar nicht in die heutige Zeit passen. Vor der Hochzeit jungfräulich zu sein erregt Mitleid, nicht Bewunderung, sich in die Luft zu sprengen, um ins Paradies zu kommen grenzt an eine psychische Störung und das Herumlaufen mit rasierten Schädel und absurd unmodischer Kleidung erschwert das normale funktionieren in der modernen Welt. Religionen, die früher notwendig waren um zu einen, teilen heute. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis an ihre stelle eine bekenntnislose, laizistische, empirisch bewiesene Disziplin mit dem Titel Spiritualität tritt.

Die Älteren verstehen nicht was Spiritualität ist und, dass man glauben kann, ohne religiös zu sein.

  1. Polen ist eine Geisteshaltung

Da immer mehr Menschen in Ausland reisen, kommt zusammen mit der Beobachtungsmöglichkeit auch eine internationale Mentalität. Misstrauen, Hass, Negativismus, Komplexe, Missgunst, Konserven, die in den Urlaub nach Ägypten mitgenommen werden, das Fordernde und andere polnische Krankheiten geraten ins wanken im Angesicht der globalen Polen, die sie sehen und anprangern.

Dieses neue Polen ist voll von ambitionierten, intelligenten Menschen, die sich zehn mal so sehr anstrengen, wie ihre westlichen Arbeitsgenossen und doppelt so viel arbeiten, um das zu gleiche zu haben wie sie. Das ist das Polen der Sportler, die die Besten der Welt sein wollen. Das ist das Polen der Unternehmer, die globale Geschäfte abschließen. Das ist das Polen der Millionäre die intelligent sind und nichts gestohlen haben.

Die Älteren kennen dieses Polen nicht, oder haben davor Angst. Sie wissen nicht, dass der Kommunismus und die Kriegstraumata ihrer Generation einen Stempel aufgedrückt haben, auf Grund dessen das Konzept des „Polen“ entstanden ist. Aber das ist nur eine Geisteshaltung und die ändert sich.

  1. Die Vergangenheit gibt es nicht mehr

Wenn er Kommunist war, dann muss das rote Schwein zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn der Opa im Krieg gekämpft hat ist er ein echter Patriot. Polen liegt in Trümmern, wir müssen den Westen einholen.

Die Vergangenheit ist zu Ende und kommt nie wieder. Die, die nach 1980 geboren wurden interessiert der Kommunismus nicht und schon gar nicht die Kriege, da sie sich nicht daran erinnern können. Sie sehen die Deutschen nicht als ehemalige Nazis, sondern als Freunde aus einem anderen Land bei Facebook. Sie wissen nicht was bei Smolensk im letzten Jahrhundert passiert ist, weil die Zukunft und nicht die Vergangenheit für sie Bedeutung hat.

Die Älteren wissen nicht, dass die Jungen nicht wissen, was es heißt mit einem Fiat 126p zu fahren, oder Dinge gegen Marken zu kaufen. Diese Vergangenheit existiert nirgendwo mehr, außer in den Geschichtsbüchern. Für sie ist das alles nur ein Teil der Erzählungen des Lehrers und nicht Teil ihres Seins.

  1. Leben und nicht Haben

Sparen für schlechte Zeiten, das Auto jeden Sonntag polieren, mit den eigenen Händen ein Haus bauen… Ehrlich? Ein mobiler und gut ausgebildeter Arbeitnehmer kommt finanziell immer über die Runden. Ein Auto, das ist ein etwas komplizierteres Smartphone, man nutzt es eine gewisse Zeit und tauscht es dann gegen ein neues; mit Sicherheit aber behält man es nicht, um es an die nächste Generation weiterzugeben. Der Traum der Jungen ist nicht das Eigenheim, sondern die Weltreise.

Die Älteren leben in einer Welt des Ressourcen Sammelns, die Jungen in einer des Erfahrens. Die Älteren legen für später zurück, die Jungen nutzen das Heute. Die Älteren wollen Sicherheit, die Jungen Abwechslung.

  1. Die Passion ist der Beruf

Erzogen in der Welt der Planwirtschaft haben sie gelernt, dass die Ausbildung der Beruf ist. Dass man zur Schule geht, einen Titel erlangt und dann den Rest des Lebens das Selbe macht. So funktioniert die heutige Welt nicht. Alle möchten das machen was ihnen Spaß macht und nicht das was sie studiert haben. Die Diskrepanz zwischen dem was in den Schulen gelehrt wird und dem was der Markt erfordert ist so riesig, dass es naiv wäre zu glauben, dass staatliche Bildung ausreichend auf das Leben vorbereitet. Immer öfter arbeiten Menschen in anderen Metiers als die, die sie Studiert haben, manche Berufe, zum Beispiel der des Bloggers, oder der des Verkäufers werden an der Schule gar nicht unterrichtet. Die älteren haben diese Veränderung nicht bemerkt. Sie verstehen nicht, wenn ihr erwachsenes Kind häufig den Job wechselt und ihm das gefällt. Sie wissen nicht, dass eine Arbeit abseits dessen, was man studiert hat keine falsche Entscheidung ist, sondern das Verfolgen der eigenen Interessen, oder der Anforderungen des Marktes widerspiegelt.

  1. Die Jungen können klüger sein

Die ältere Generation hat vieles erreicht, aber auch vieles verloren. Sie besitzt absolut keine Bildung in Puncto sanfter Kommunikation – sie ist nicht in der Lage sich präzise zu äußern, sich mit Hilfe von psychologischen Techniken aus Konflikten zu befreien, sie weiß nicht wie man selbständig lernt, was Betriebsführung, oder Unternehmergeist ist. Ihre Kenntnisse neuer Medien liegen im Argen, mit der Bedienung moderner Technologien sind sie auf Kriegsfuß und Fremdsprachen sind ihr im wahrsten Sinne des Wortes fremd. Es mag schmerzhaft sein, aber es verschafft vielleicht große Linderung sich darüber klar zu werden, dass die Älteren in vielerlei Hinsicht ignorant sind und überhaupt gar keine Ahnung haben wie die Welt in einigen Kontexten funktioniert. Aber werden sie das von den Jüngeren lernen wollen? Das wird eine große Herausforderung bleiben, besonders, da zum Rückgrat des Patriarchats die Überzeugung gehört, dass das was älter, auch weiser ist.

  1. Partner anstatt eines Klans

Der Großvater ist der Kopf der Familie und sitzt bei Familientreffen im dicksten Sessel. Seine Frau ist eine Person, ohne eigene Meinung, zerreißt sich in der Küche und errechnet ihren Selbstwert anhand der Anzahl der von den Gästen verspeisten Teigtaschen. Im Hintergrund läuft ein langweiliges Fernsehprogramm, oder eine vorgeblich ernste, jedoch nur fürchterlich traurige Radiosendung. Die erwachsenen Kinder sitzen, wie zur Strafe am Tisch und die Enkel in weißen Hemdchen spielen brav mit den Puppen.

Kennst Du das? Das nennt sich Klan. Das ist eine Familienstruktur, die sicherstellt, dass keiner von außen eindringen kann, die eigene Macht gefestigt wird und Veränderungen verhindert werden. Es herrschen in ihr gegenseitige Beziehungen und Wehe den Kindern aus solchen Familien, denn sie werden für immer Kinder bleiben und ohne den Klan nichts erreichen.

Die Älteren wissen nicht, dass Eltern und Kinder sich heute mit Vornamen ansprechen können. Dass man einen Elternteil als Betreuer und Freund auf Zeit betrachtet und nicht sein lebenslängliches Eigentum ist.

  1. Zeit zu abzutreten

Verbandsfunktionäre, die keinen Sport verstehen. Nominierte, inkompetente Vorsitzende. Forscher, die nicht in der Lage sind zu demonstrieren, was sie lehren, weil sie das einfach nicht können. Politiker, die In vitro Fertilisation als Teufelswerk bezeichnen. Ewiggestrige Greise, die auf der Straße jedem, der keine weiße Hautfarbe hat mit dem Stock drohen. Menschen an den Schaltern der Macht, die nicht wissen was Facebook ist.

Es ist an der Zeit abzutreten und der neuen Generation Platz zu machen, denn sie wird ab jetzt die Regeln des Spiels festlegen. Auch sie wird irgendwann mal abtreten, denn das ist der Lauf der Dinge.                           

Meine wichtigste Behauptung ist ein gewisser Fakt, der einerseits sonnenklar ist, andererseits aber aus den Händen gleitet wie ein nasses Stück Seife. Die Älteren haben nicht gemerkt, dass ihre Zeit um ist und, dass es nun an ihnen ist sich zurückzulehnen und dabei zuzusehen, wie die Jüngeren sich quälen.

Du kannst ein großartiger Verkäufer sein, der seinen Kunden ein Produkt anbietet das sie brauchen, wenn Du aber als Hausierer wahrgenommen wirst, erhältst Du nie eine Chance. Du kannst eine unglaublich kompetente Kandidatin für einen Posten sein, aber wenn Du Dich nicht dementsprechend zu präsentieren weißt, wird der potenzielle Arbeitgeber einen schwächeren Kandidaten einstellen, der sich aber besser verkaufen kann.

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